19. März 2024
Forellen im Stöttlbach? Kaum vorstellbar, vermutet der Laie. Von den Experten erfahren wir, dass der Stöttlbach sehr wohl ein Fließgewässer repräsentiert, indem die heimische Bachforelle gerne daheim ist.

Denn gerade die Bachforelle ist dafür bekannt, dass sie sich in schnell fließenden, sauerstoffreichen, kühlen und klaren Gewässern wie dem Stöttlbach wohlfühlt. Seit Samstag schwimmt die Bachforelle wieder im Stöttlbach. „Und das ist alles andere als ungewöhnlich“, sagt uns der zuständige Aufsichtsfischer, Dietmar Falch.

„Noch vor 25 Jahren wurden regelmäßig Forellen aus dem Stöttlbach gefischt“, so Dietmar Falch. Einer von fünf Experten, die am vergangenen Wochenende 1500 junge Bachforellen auf ihrem Weg in die Mieminger Berge begleitet haben. 

Das Experten-Team für den Fischbesatz im Stöttlbach:

Das Wiederansiedelungsprojekt der Bachforelle im Stöttlbach könnte mit einiger Wahrscheinlichkeit erfolgreich verlaufen. Bachforellen sind bekannterweise nämlich sehr standorttreue Fische. „Zum Leben braucht die ausgewachsene Bachforelle nicht mehr als vier Quadratmeter Lebensraum“, erfahren wir in diesem Zusammenhang von Dr. Nikolaus Medgyesy.

Die Bachforelle gehört zu den Raubfischen. Die schnell schwimmenden Jäger ernähren sich hauptsächlich von Insekten, im Wasser lebenden Insektenlarven, kleineren Krebstieren und anderen Wassertieren.

Der Biologe hält es nicht zuletzt deshalb für möglich, dass sich die Gebirgsforellen im Stöttlbach akklimatisieren. Nach seiner Prognose können von den Besatzfischen bis zu 50 Prozent und mehr überleben. Die große Unbekannte, so der Innsbrucker Wissenschaftler, sei die Gewässer-Dynamik im Stöttlbach, nördlich von Boaslig- und Stöttlbrücke.

Nikolaus Medgyesy hat die „Urforelle“ Ende der 90er Jahre am Gössenköllesee im Kühtai und im Oberlauf des Senderbaches bei Innsbruck wieder entdeckt und sich dann intensiv mit dem Verhalten dieser heimischen Forellenlinie beschäftigt.

„Manche dieser Bestände in Hochgebirgsseen und isolierten Gewässerabschnitten gehen noch auf Erzherzog Sigismund von Tirol und Kaiser Maximilian zurück.“

Die Besonderheit der Tiroler Urforelle: Sie habe sich „seit der letzten Eiszeit über Jahrtausende an die Gegebenheiten in den Gebirgsgewässern der Alpen angepasst und ist besonders standorttreu und hochwasserresistent“, erklärt Medgyesy.

„An der Universität Innsbruck haben wir uns im Rahmen des Projekts „TroutExamInvest“ intensiv mit den autochthonen (heimischen) Forellen beschäftigt. Dies hat mich auch darin bestärkt, mit meinem Sohn Niki die Fischzucht Thaur zu pachten.“

Die am vergangenen Wochenende im Stöttlbach ausgesetzten Bachforellen stammen aus eben dieser Fischzucht in Thaur. Nikolaus Medgyesy (jun.) ist – wie der Vater –  ein Fischzüchter „aus Überzeugung“, der sich ebenfalls für die Artenvielfalt Tiroler Gewässer engagiert und ausschließlich heimische Fische züchtet. Zitat: „Derzeit sind das Äschen, Bach- und Seeforellen.“

Generell sind Bachforellen durch Flussregulierungen, Querbauwerke, aber auch Schadstoffe in Gewässern und intensive Befischung bedroht. In europäischen Gewässern kam es in der Vergangenheit zu einem starkem künstlichen Besatz mit der aus Amerika stammenden Regenbogenforelle, die geringere Ansprüche an die Wasserqualität stellt und schnellwüchsiger ist. Aber es kam auch zum Besatz mit Bachforellen, die der atlantischen Population zuzuordnen sind.

Seit Jänner dieses Jahres ist die TIWAG (Tiroler Wasserkraft AG) Reviereigner des Stöttlbachs in Mieming. 

Ing. Helmut Kettner (TIWAG) zu den Hintergründen: „Dieses Revier wurde der TIWAG 2016 von Graf Stolberg angeboten. Wir haben uns entschieden, es mit Jahresbeginn zu erwerben, um nachhaltige Artenschutzprojekte zu realisieren. Ich betreue dieses Revier als Bewirtschafter und stehe diesbezüglich auch allen Interessierten für Anfragen zur Verfügung.“

„Im Stöttlbach soll in den nächsten drei bis vier Jahren eine Bachforellenpopulation angesiedelt werden, die durch geeignete Hege und Pflege nachhaltig bewirtschaftet wird“, sagt Gewässerökologe Dr. Martin Schletterer. Im Auftrag der Tiroler Wasserkraft AG beobachtet der Ökologe – in Kooperation mit dem Tiroler Fischereiverband – unter anderem die Artenschutzprogramme zur Förderung der Äsche und der Urforelle.

Die TIWAG selbst bewirtschaftet mehrere Fischereireviere in Nord- und Osttirol, mit dem Ziel durch geeignete Hege und Pflegemaßnahmen eine nachhaltige Entwicklung der heimischen Fischbestände zu gewährleisten.

„Biodiversität und der effiziente Umgang mit Wasserressourcen haben für uns einen hohen Stellenwert“, ist auf der TIWAG-Webseite „Ökologie“ zu lesen. So entstanden beispielweise in Wenns und Langkampen Fischwanderhilfen. In Runserau der 1. Fischlift Österreichs. Bei der Wasserkraftanlage Schwarzach ist eine Geschiebesperre für Lebewesen passierbar.

Ziel der Bemühungen im Stöttlbach sei, so Schletterer, in diesem Bachabschnitt durch nachhaltige Bewirtschaftung einen selbsterhaltenden Bachforellenbestand aufzubauen. „In ca. drei bis vier Jahren sollten die heuer gesetzten Fische laichen und damit den Grundstein für eine neue Generation legen.“

Das Projekt „Stöttlbachforelle“ wird von einem Monitoring-Programm wissenschaftlich begleitet. Mieming online wird über den weiteren Verlauf des Projektes berichten.

Fotos: Knut Kuckel

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Knut Kuckel

In meinem Blog schreibe ich über das Landleben im alpinen Raum. Über Erlebnisse und Begegnungen.

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