„Wir hatten uns das alles so gewünscht, aber mal ganz ehrlich“, so der Almobmann im Gespräch mit Mieming.online, „unsere Erwartungen sind bei weitem übertroffen worden.“
Die ersten Gäste empfingen die neuen Hüttenwirte und Almhirten (in Personalunion), Martin Reich und Fabio Riml, auf der Hochfeldern Alm am Freitag, dem 22. Juli 2016. Dann ging alles wie von selbst. Blitzschnell verbreitete sich die freudige Kunde über das Gaistal hinaus „…die Hochfeldern Alm hat wieder aufgesperrt“. Am Samstag war deshalb das Hütten-Team zum ersten Mal richtig gefordert. Die Generalprobe haben alle mit Auszeichnung bestanden.
Aus allen möglichen Richtungen pilgerten die Wanderinnen und Wanderer zur „neuen“ Alm. Die originelle Hausordnung mögen alle Gäste. Viele machen davon ein Erinnerungsfoto. Die freundlichen Menschen daneben sind Stammgäste. Auch im nächsten Winter.
Während wir uns umschauen, kommen die Hirten von der Hochalm. In der Hand ein paar Wiesenblumen für die Stuben. Wir dürfen in den heiligsten Bereich, die Küche. Küchenchef Mario Wenzel und Hüttenwirt Fabio Riml lassen uns zuschauen und ein paar Bilder knipsen. Kasspatzeln, Speckknödel, Gröstl und andere Tiroler Köstlichkeiten. Beim Fotografieren läuft uns das Wasser im Munde zusammen. Deshalb kosten wir die Highlights der Speisekarte selbst und sind begeistert.
Auf dem Fensterbrett stehen ein paar Kochbücher. Zur Weiterbildung, sagt Fabio. Wir schauen auf die Buchrücken und schreiben mit dem Kugelschreiber auf den Unterarm: Tiroler Küche, Fisch, Witzigmann, Wilde Küche, Echt Südtirol…
Nur unter uns: Im Vieraugengespräch erzählt uns Fabio, dass er mit der Kollegin Evelyne mehr als sechs Jahre auf der Gampe Thaya in Sölden gearbeitet hat. „Da haben wir alles gelernt, was für eine Almwirtschaft wichtig ist. Glaubt’s mir. Wir glauben es.
Wie es der Zufall nämlich will, waren wir vor einer Woche mit Freunden und den Almschreibern bei Daniela und Jakob Prantl beim Almfrühstück. Eine Referenz, die mehr als nur eine Empfehlung für die Hochfeldern Alm im Gaistal ist.
Dann kam erwartet und ziemlich pünktlich Paula auf diese, unsere Welt. Herzlichen Glückwunsch, Fabio!
Am Nachmittag überrascht uns ein heftiger Regenschauer. Alle Gäste verteilen sich sekundenschnell auf die gemütlichen Stuben. Jeder findet einen Platz. Das dürfen wir fotografieren. Die Stimmung ist fröhlich-entspannt. An alle, die da hocken: „Wir machen ein paar Fotos, für unterschiedliche Medien. Zeitungen, Internet, Facebook… – kann sein, dass man euch auf einem veröffentlichten Bild erkennt?“ – Kein Thema. Alle nicken zustimmend. Wenn das doch immer so unkompliziert wäre.
Unter den Bildern (s.u.) findet sich das Bildnis eines verwaisten „Radlers“. Im regennassen Halbliter-Seidl auf feuchtem Grund. Die Rinder wären jetzt gerne wieder unter ihresgleichen. Sie signalisieren uns: „Ihr stört!“
Jemand will zahlen und wundert sich, dass Evelyne nicht mit Kugelschreiber und Notizblock aufrechnet. „Tippt die das alles in ihr Handy?“ Ja. Das macht sie. Wir nennen das digitale Buchführung. Sie tippt ein, die Werte gehen direkt in die Buchhaltung, den Einkauf etc. Wenn der Gast möchte, wird für ihn auch noch in einer ruhigen Ecke ein Beleg ausgedruckt.
Doppelte Buchführung? – Das war gestern. Ein Gast ergänzt vieldeutig: „Alm war gestern.“
Die digitalen Netzwerke läuteten zum friedlichen „Sturm“ auf die neue Hochfeldern Alm. Inzwischen hatte sich schon herumgesprochen, dass dort die Gastronomie perfekt sein soll. „Das kann sich sehen lassen“, war vielfach zu hören. „Wer hätte ein solches Niveau im Alm-Gasthaus erwartet?“ Fotos wurden auf dem üblichen Weg ausgetauscht. In weniger als nur 24 Stunden war die Nachricht weit über die Landesgrenzen von Tirol verbreitet.
Martin Kapeller schickte ein Stuben-Foto von dem neuen Almgasthaus via Smartphone über WhatsApp an seinen Bruder Franz. Der Kapeller Franz simste zurück: „4-Sterne-Hotel Hochfeldern Alm“.
Die Almschreiber und Mieming.online haben die gesamte Bauphase begleitet, Alexander Paschinger hat für die Tiroler Tageszeitung über den Start berichtet und somit ging alles seinen Weg. Viele Miemingerinnen und Mieminger waren inzwischen auf ihrer Alm, die mit der Adresse »Obermieming 230a« zum Gemeindegebiet Mieming gehört. Der erste offizielle Besucher war am Donnerstag Bürgermeister Franz Dengg.
Mit der Baubeaufsichtigung war Vizebürgermeister und Alm-Substanzverwalter Martin Kapeller beauftragt und Almobmann Klaus Scharmer stand den neuen Almhirten seit dem Viehauftrieb Mitte Juni auf den Vorberg in Obermieming zur intensiven Einarbeitung zur Verfügung. Alle waren in der letzten Bauphase fast täglich auf ihrer Alm, um nach dem Rechten zu schauen. Gemeinde und Agrargemeinschaft Feldernalpe zogen an einem Strang. „Die Zusammenarbeit war vorbildlich“, bestätigten die wie immer gut informierten Kreise.
„Wir haben auf euch gewartet“, ruft Almhirt Martin Reich. „Denn wir möchten die weiß-rote Gemeindefahne zum allerersten Mal gemeinsam mit euch hissen.“ Die Fahne mit dem Mieminger Gemeinde-Wappen. Einem Wacholderzweig auf weißem Grund. Der frisch geschlagene Holzmast misst sechs bis acht Meter. „Eher acht als sechs“, sagt der Scharmer Klaus. Das Hissen der Fahne war keine einfache Angelegenheit. Darum kümmerten sich neben Martin Reich noch der Almobmann und Martin Kapeller. Das gutegelaunte Publikum kommentierte und fotografierte. Als die Mieminger Fahne endlich wie ein Segel im Wind flatterte, zollten ein paar Gäste freundlichen Applaus.
Am Abend gewährt uns Almobmann Klaus Scharmer Einblick in einen wohl behüteten Schatz der Almbauern aus Obermieming. Vor uns liegt die Kopie des „Protokollbuches für die Agrargemeinschaft »Feldern« Obermieming. Wir schlagen mit spitzen Fingern ganz vorsichtig auf.
Das Buch wird seit Februar 1958 von den gewählten Almobmännern handschriftlich geführt. Die Handschriften sind noch sehr gut lesbar (damals konnten die Leute das noch, mit der Hand schreiben).
Die ersten Einträge stammen von Josef Schleich, Hausname „Zunterer Seppl“. Er war der erste Obmann und amtierte vom 28. Feber 1958 bis 19. Jänner 1961. „In dieser Zeit spielten touristische Aspekte bei der Almbewirtschaftung noch keine Rolle“, erzählt Klaus Scharmer. Bis in die 60er Jahre ging es für Mensch und Vieh nicht ohne eine stabile Kondition gut aus. Alles wurde nämlich auf dem Fußweg erledigt. Der Almauftrieb, das Hirten der Tiere, der Almabtrieb. Höhenmeter über Höhenmeter.
Anton Post kann sich noch gut daran erinnern, dass er mit seinem Vater Mathias, (Hausname „Hiasl“) als einer der Letzten ein Kalb von der Feldernalm, heim in den Stall nach Obermieming brachte. Sein Vater erzählt uns „Wir sind damals über Wildermieming, dem Straßberg und der Niederen Munde zur Feldern Alm gegangen. Hinauf ohne Tiere. Zurück entweder den gleichen Weg oder – mit mehreren Tieren – über den heute noch genutzten Almabtriebsweg, von der Leutasch, über Buchen, Telfs, Wildermieming nach Obermieming. „Den Hinweg haben wir an guten Tagen in 3 1/2 Stunden geschafft“, erinnert sich der Hiasl.
Klaus Scharmer erzählt, dass Mathias Post, den Bau der ersten Hochfeldern Alm als Hüttenobmann geleitet hat. „Der Entschluss, im Weidegebiet der alten Feldern Alm eine erste Hochfeldern Alm zu bauen, ist uns nicht leicht gefallen“, sagt Klaus Scharmer.
Wir lernen: Aus der alten „Feldern Alm“ wurde 1964 die „Hochfeldern Alm“.
Unter der Obmannschaft von Altbürgermeister Karl Spielmann sei das dann letztlich beschlossen worden. Eine Holzinschrift unter dem Giebel erinnert noch heute daran, dass die Hochfeldern Alm 1964 erbaut wurde.
Alle Almobmänner, so Klaus Scharmer setzten Akzente. Nach Karl Spielmann folgte von 1965 bis 1971 Josef Grabner, der Großvater vom „Steirer“ Andreas Grabner. Der amtierende Almobmann blättert in seinem Protokollbuch und erzählt dabei, „bis zum Grabner Josef gingen die damaligen Hirten während der Vorbergzeiten mit einem Löffel von Hof zu Hof, um ihr Essen zu empfangen. Angekommen auf der Hochalm, mussten sie sich selbst versorgen.“
Vom Grabner Josef übernahm Franz Kapeller (Vater von Martin und Franz Kapeller) das Zepter. Franz Kapeller Senior hatte das Amt bislang am längsten inne. Vom 26. Feber 1971 bis zum 3. März 1996 war er Almobmann auf der Hochfeldern Alm.
„Der Kapeller Franz hat in seiner 25-jährigen Amtszeit die Milchverarbeitung auf der Hochfeldern Alm kultiviert“, erfahren wir von Klaus Scharmer. „Seither wird bei uns den Gästen selbst produzierte Butter, Graukas und Buttermilch angeboten. Der Kessel für die Produktion war nicht sehr billig. Der wäre auch nach heutiger Vorstellung noch teuer.“
Die Milchproduktion werde erst wieder im nächsten Jahr aufgenommen. Aus mehreren Gründen. „Wir möchten unsere jungen Hirten und Hüttenleute in ihrem Einarbeitungsjahr nicht überfordern. Die Bauphase war für sie eine Belastung“, sagt der Almobmann. „Für ihr Privatleben blieb ihnen nur wenig Zeit. Sie arbeiten seit Juni täglich, nicht selten rund um die Uhr.“ Deshalb werde man sich mit dem Stallaufräumen für die zehn bis 14 Milchkühe noch Zeit lassen. „Es reicht, wenn wir dass alles bis zum nächsten Almsommer stemmen.“
Von März 1996 bis März 2001 amtierte übrigens Konrad Scharmer als Almobmann. In diesen fünf Jahren sei ebenfalls viel erreicht worden. Was heute noch eine Art Wahrzeichen der Hochfeldern Alm ist, wurde unter Konrad Scharmer gebaut. Die kleine Kapelle auf der Ostseite, die kürzlich verlegt wurde. Konrad war bei der Verlegung dabei.
Auf Konrad folgte schließlich der noch amtierende Almobmann Klaus Scharmer. „Im nächsten Jahr muss neu gewählt werden, weil ich den Hof an meinen Sohn Andreas übergeben habe. So sind die Regeln“, sagt der Klaus. „Dann muss es eine Neuwahl geben.“ Gewählt wird üblicherweise ein Bauer, der sein Vieh im Sommer auf die Alm bringt.
Bis dahin aber ist ja noch ein wenig Zeit. Ausgerüstet mit all diesem Wissen werden wir künftig viel aufmerksamer die Hochfeldern Alm besuchen.
Was wir Euch jetzt mitteilen, muss vorläufig bitte noch unter uns bleiben: „Wir möchten zu unserem 50-jährigen Hochfeldern Alm-Jubiläum in zwei Jahren ein Buch mit den spannendsten und originellsten Almgeschichten der vergangenen fünf Jahrzehnte unserer Alm herausgeben.“ Mieming-online hilft mit beim Schreiben, die Agrar Feldern Alm liefert die Geschichten, Bilder und Anekdoten.“ Damit wäre gleichzeitig das nächste ganz große Almfest in der fixen Planung. 2018 wird folglich das Jahr der Obermieminger Almbauern.
Am späten Nachmittag regnet es. Die Zeit drängt. Wir müssen noch zur benachbarten Seeben Alm. Westlich klart es auf. So passt das.
Die Ötzaler Martin Reich und Fabio Riml haben sich gute Leute in ihr Team geholt. Küchenchef ist Mario Wenzel, im Service sind Evelyne Praxmarer, Johanna und Sandra Scheiber.
Am Rande: Veranschlagt waren für das Sanierungsprojekt über 800.000 Euro. „Wir kommen sicherlich nach vorläufiger Einschätzung auf 1 Million Euro“, sagt Martin Kapeller. Dafür bieten wir einen Ganzjahresbetrieb an.
Um die Dinge abzurunden: Wenn das Wetter mitspielt, endet der Almsommer für das Vieh und seine Hirten am Samstag, dem 17. September mit dem traditionellen Almabtrieb. Angeführt von ihren beiden Hirten, Martin und Fabio, kehren dann zwischen 230 und 240 Rinder zurück auf den Vorberg nach Obermieming. Das wird traditionell am Vorberg, dem Kälberhag, beim Bauernhof der Familie Post in Obermieming gefeiert.
Weblink:
Hochfeldern Alm: www.hochfeldern-alm.at
Fotos: Knut Kuckel / Quelle: MiemingerAlmen