Höhepunkt war ein Kampf zwischen Hexe und Obertuifl. Kein guter Tag für Hexen.
„Durch den Untergang der Hexe wurde das Gleichgewicht im Reich der dunklen Mächte wieder hergestellt“. So tönte die finstere Stimme des Sprechers der Tuifl aus allen Himmelsrichtungen über dem nächtlichen Mieming. Daraus schließen kenntnisreiche Beobachter zweierlei: Es gibt in der Unterwelt keine Gleichberechtigung und – die Tuifl-Machos mögen keine tonangebende Hexe an ihren Feuerkesseln. Die rühren sie am liebsten selbst um.
Zur Tradition des alljährlich wiederkehrenden Höllenspektakels gehört sehr kontrastreich, der Auftritt „Geschenke verteilender Engel“. Die kamen kurz nach 17 Uhr und dämpften mit ihren Geschenkpackerln die Aufregung unter den Kindern. Eine geschickte Anweisung des Tuifl-Regisseurs Markus „Speedy“ Spielmann. Die dramaturgische Brücke zwischen Tuifln und Menschen.
„Wir wissen, dass die Menschen große Unterhaltungsshows lieben“, sagte ein Tuiflvertrauter, „deshalb lassen wir uns von einem Routinier beraten“. Das habe sich auch in den vergangenen Jahren bewährt. Die Engel würden für eine „vertrauensvolle Atmosphäre“ sorgen. Aus dem Organisationsmuster lässt sich eine starke Eitelkeit der Tuifl ableiten.
Als dann, wenig später, hinter dem großen Tuifls-Tor Feuer aufstiegen und die Luft nach Schwefeldämpfen roch, schauten wir reflexartig auf unsere Uhren. So als wollte „mensch“ wissen, wann sein letztes Stündlein geschlagen hat. Wir wissen aber auch, dass bislang alle Auftritte der Tuifl in Mieming versöhnlich endeten. Daran denkend, verließ uns schließlich jeder Anflug von Angst.
Es war kurz nach 18 Uhr, als sich das Tor auftat und viele kleine Tuifl, begleitet von ein paar Großen, scheinbar ziellos im Kreis herumliefen. Das war der Auftakt zur großen Tuifl-Schau.
Ein Streitwagen, wie zu Römerzeiten, handwerklich nur etwas rustikaler gestaltet, fuhr in das nächtliche Oval. Vier große Tuifl mussten den Wagen ziehen. Auf dem Streitwagen triumphierte jene Hexe, die im vergangenen Jahr den Obertuifl im Kampf besiegte. Das war, für alle sichtbar, eine große Demütigung für die Tuifl, die den Hexen-Wagen ziehen mussten.
Alle Zuschauerinnen und Zuschauer, Große und Kleine, fühlten, dass das nicht gut ausgehen konnte. Und so war es dann auch. Kurz nach dem Streitwagen ratterte und knatterte der Höllentraktor mit zwei Tuifln heran. Feuer taten sich abermals auf. Die Tuifl sahen kampfbereit aus. Man hatte fast den Eindruck, sie freuen sich auf das Unvermeidliche. Der Kampf um die Vorherrschaft im Reich der Mieminger Tuifl.
Der Kampf begann, als die Tuifl-Traktor-Lenker der Hexe ihren Besen entreißen wollten. Der schien das ganz und gar nicht zu gefallen. Sie blieb stehen. Am Felsenpodest. Deutete zum Tor und dann auf die Feuerkessel und rief mit kratziger, aber eindringlicher Stimme, dass der Moment kommen werde, in dem sich Licht und Dunkelheit vereinten. Der Fluss des ewigen Leben in Stillstand verharre und so weiter.
Das man in solchen Augenblicken immer eine Gänsehaut bekommt, muss auch etwas mit der nahen Weihnachtszeit zu tun haben. Die mögen Gänse auch nicht besonders.
Die Tuifl schickten ihre stärksten Häuptlinge auf den Kampfplatz. Sie stärkten so den für sie antretenden Obertuifl. Es fand ein wildes Gerangel statt. Mal dachte man, die Hexe gewinnt, dann wieder hatte der Tuifl die Oberhand. Nach ein paar aufregenden Minuten, war die Hexe schließlich unterlegen. Sie wurde wehrlos und geschlagen auf ihren Streitwagen geworfen und die Tuifl fuhren mit ihr triumphierend an uns Menschen vorbei.
Der Platz verdunkelte sich nach diesem grauseligen Spektakel. Dann kamen die rabenschwarzen Feuerspucker-Tuifl. Sie spuckten große Feuerwolken in den Nachthimmel und machten dabei furchterregende Geräusche. Die Luft roch so als hätte sich im nahen Stöttlbach eine stinkende Ölquelle aufgetan. „Halt mich fest“, flüsterte eine angsterfüllte Stimme hinter mir. Wie konnte ich? – Mir war ja selbst Angst und Bange. Nicht sehr mutig, ich gebe es zu. Schließlich fanden ihre Hände meine Hände. So war das zu ertragen.
Dann war wieder eine laute Stimme zu hören, die etwas von finsteren, eisigen und schweren Nebeln über dunklem Wald faselte. So, dass es einem in die eh schon abgekühlten Glieder fuhr. Dann schien ein Bann gebrochen. Der Obertuifl kam auf dem Streitwagen herein, in seiner rechten Hand den Dreizack, so eine Art Tuifls-Zepter. In der anderen den Hexenbesen, den er triumphierend brach. Den Dreizack endzündete der Obertuifl am Feuerkessel. Dort warf er dann auch den gebrochenen Hexenbesen hinein.
Das große Tor öffnete sich und der „Herr der Schatten, die personifizierte Finsternis“ ließ die Welt wissen, das schließlich und letztlich alles den Mächten der Dunkelheit zum Opfer falle. Das wars dann auch. Aufatmen auf dem Sportplatz in Obermieming. Dann liefen alle Tuifl um den Platz herum und trugen ihre Masken und Larven unter den Armen. Wer von uns Menschen kann das? Wer könnte seine Gesicht unter den Armen tragen? Ich kennen niemanden.
Dann wurde noch ein wenig Feuer gespuckt und die ganz mutigen Menschen ließen sich mit ihren Lieblingstuifeln fotografieren. Wie jedes Jahr. Auch wenn man das versöhnliche Ende des Höllenspektaktels ahnt, es überkommt einen Jahr für Jahr ein großes Frösteln.
Mieming.online bedankt sich bei Christian Falch, der den Mut aufbrachte, das Geschehen für uns zu fotografieren. Klasse Fotos, Christian!
Web-Link: → www.tuiflverein-mieming.at
Fotos: Christian Falch