8. Oktober 2024
Der 11. Mieminger Tuifllauf am Samstag, dem 24. November 2012 sprengte wieder einmal alle bisherigen Rekorde. Um das große Oval der Freilichtbühne auf dem Sportplatz in Obermieming drängte sich das Publikum zum Teil in 10er Reihen.

Wenn die Mieminger Tuifl zu ihrem Höllenspektakel laden, ist das inzwischen eine Familienangelegenheit. Viele Kinder – kleine und größere – Eltern, Tanten, Onkel, Omas und Opas kommen nach Mieming zum letzten Großereignis vor dem 1. Adventsonntag. Das scheint das Geheimnis zu sein, weshalb diese Brauchtums-Veranstaltung Jahr für Jahr mehr Besucher anzieht. 

Die Engel sind oben

„Das überrascht mich.“ kommentierte der neue Obmann Andreas Grabner nach einem ersten Luftholen diesen Erfolg. Andi Grabner, war sich kurz vor der großen Show nicht mehr sicher, ob der Erfolg vom Vorjahr noch zu toppen wäre. Aus heutiger Sicht war das wohl nur Lampenfieber. Regisseur Markus „Speedy“ Spielmann hatte die Fäden in der Hand und wusste damit gut umzugehen. Der routinierte Strippenzieher ist immer für neue Überraschungen gut und wir erinnern uns, dass er bei der Probe davon sprach, für neue Show-Erlebnisse zu sorgen. Versprechen gehalten. Das fing schon mit den Engeln und der Kinderbescherung an. Die Bühne der Engel wurde heuer am nördlichen Oval aufgebaut, das entspannte den Auftakt des späteren Höllenspektakels. Die Blicke der Kinder richteten sich zunächst zum Höllentor, bis sich in Sekundenschnelle herumsprach, die Engel „sind oben“.

Der Schlächter eröffnete das Höllenspektakel

Von oben muss der Lauf der vielen Kinder zur Engel-Bühne wie ein sehr großer Bienenschwarm ausgesehen haben. Wenn es für jedes Kind auch nur Kleinigkeiten gibt, ist es immer wieder faszinierend zu sehen, was sich in diesen Minuten abspielt. Die Übergänge in der Unterhaltungsshow markieren Licht, Musik und Erzähler. Nach der Bescherung wanderten wieder alle Blicke zum Höllentor. Aber dort bliebt es erst einmal dunkel. Doch am südlichen Oval-Rand erhob sich plötzlich und unerwartet eine Bühne, umrahmt von zwei haushoch lodernden Flammen. In deren Mitte steht der „Schlächter“, ein Erzähler mit dunkler, verheißungsvoller Stimme kündet von einer…

„…dunklen Macht, verdrängt und außer Acht, in Vergessenheit geraten, fast verloren, doch heute Nacht wiedergeboren. Es ist finster und eisig kalt, schwerer Nebel steigt über den Wald, kaum ein Licht dringt durch das Geäst, sodass es die Glieder erstarren lässt. Es kann sich keiner halten, es treiben sich hier dunkle Gestalten herum, Unwohl und Elend liegt in der Luft, wenn wieder und wieder das Grauen ruft“.

Ein paar tausend Augen schauen auf das Höllentor

So wie der finstre Verkünder des Grauens kam, verschwand er schon wieder. Die Spannung, rund um das Aktions-Oval steigt ins Unermessliche. Eine silberne Fontäne über dem Höllentor zieht ein paar tausend Augen an. Es geht los. Die Pyrotechniker der Unterwelt hüllten dass über die Baumkronen aufsteigende Licht mit lautem Getöse in ein gelb-rotes Feuer. Geradeso als würde sich die Erde öffnen und alle Feuer von unten die Freiheit suchen. Jetzt öffnete sich das Höllentor und gibt alle Tuifl frei, die sich hier alljährlich zu ihrem vielbeachteten Ritual treffen. Es riecht scheinbar nach Pest und Schwefel. Ängstlichen stockt bei dem Anblick solcher Furcht einflößender Gestalten schlicht der Atem.

Die Tuifl ringen um ihre Führung

Schwarze Tuifl, weiße Tuifl, kleine Tuifl, aber einer scheint ihr Anführer zu sein. Alle irren auf dem großen Platz umher, erschrecken die Menschlein außerhalb ihres Ovals. Welten prallen aufeinander. Sicherheitskräfte mahnten die Zuseher vor dem Spektakel, “ bitte nicht über die weiße Grenzlinie zu treten“. Jeder hält sich nun von alleine daran. Es blitzt und donnert, Feuer lodern auf, alle Tuifl versammeln sich um einen Felsen, knien nieder. Ihr Raunen ebbt ab, als der Ober-Tuifl aus einem großen Buch vorliest. Feuerspeier stoßen gewaltige Brandwolken zum Himmel, das Höllenspektakel nimmt seinen Lauf.

Unterirdisches überirdisch…

Es geht wieder einmal um einen neuen Anführer. Der wird auf seinem unterirdischen Traktor herangefahren. Der „Schlächter“ in seiner Kutte lässt abermals seine Stimme erschallen:

„Der Moment wird kommen, an dem sich Licht und Dunkelheit miteinander vereinen. An dem sich die schwarze Sonne am Himmel offenbart und der ewige Fluss der Zeit für einen Augenblick in Stillstand verharrt. Der Moment, in dem selbst die Dämonen ihren Atem anhalten“.

Wir alle halten den Atem an. Denn kaum war die mahnende Stimme verklungen, gehen die Streithähne aufeinander los. Dann werden sie wieder voneinander getrennt. Der Herausforderer betritt das Felsen-Gericht und versammelt sein Gefolge um sich und seine Stimme hallt entschlossen durch das nächtliche Mieming:

„Lange habe ich auf diesen Moment gewartet. Jetzt ist es an der Zeit, die Macht an sich zu reißen. In einem Kampf werden wir den besten wählen.“

Das Zepter des Regenten ist der Dreizack

Blitz und Donner. Grell-gelbes Licht steigt über dem Höllentor empor. Der Kampf beginnt. Der Herausforderer verliert und liegt am Boden. Das Tor öffnet sich und die Feuerspucker in Begleitung der Tuifl tragen den Dreizack. Der Obertuifl übergibt den brennenden Dreizack dem Sieger. Das „Zepter“ des Regenten im Reich des Bösen. Er verkündet:

„Du bist wahrlich ein würdiger Nachfolger. Täusche auch weiterhin die Menschen und lass‘ sie die Kälte spüren, damit das Gute in ihnen keine Zukunft hat. Dies ist mein Auftrag an dich…“.

Das Finale

Der Sieger übernimmt den brennenden Dreizack und läuft in kraftstrotzender Siegerpose mit seinen Tuifln umher. Alle folgen ihm. Das Tor geht auf, Tuifl laufen durch. Das Höllenspektakel ist vorbei. Stimmen raunen in die Nacht „Jetzt kommen sie wieder… – ohne Masken“!

Demaskierung – das Grauen hat ein Ende

Sie kommen. Die Menschen haben sich nicht verwirren lassen. Jetzt laufen alle Tuifl entlarvt und demaskiert durch das Oval. Gar nicht mehr ein Grauen verbreitend. Die Kinder rufen begeistert die Namen ihrer Lieblingsteufel und lassen sich mit ihnen zur Erinnerung an dieses gewaltige Ereignis fotografieren. Alle Tuifl entpuppen sich wieder als liebenswerte, junge Menschen, die wir alle aus unserem gemeinsamen Alltag her kennen. Das wissen alle Kinder, denn zum Brauch gehört, dass die Mieminger Tuifl vor ihrem Lauf ihre Schulen besuchen und sie aufklären. Niemand mag ihnen Angst und Schrecken einjagen. Im Gegenteil. Der Tuiflverein Mieming möchte, dass die Kinder wissen, am Ende siegt immer das Gute. Darauf können sich alle verlassen und deshalb kommen sie gerne zum Mieminger Tuifllauf. Und im nächsten Jahr wird Mieming.online wieder schreiben: Der „12. Mieminger Tuifllauf sprengte alle Rekorde…“.

Fotos: Knut Kuckel

Tuiflverein Mieming: → www.tuiflverein-mieming.at

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Knut Kuckel

Ich engagiere mich für Medienvielfalt und Qualität im Journalismus. In meinen Blogs schreibe ich u.a. auch über Begegnungen und persönliche Erlebnisse.

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