11. Oktober 2024
Die Mieminger Almbauern demonstrierten mit dem Almabtrieb Geschlossenheit. Der Viehtrieb am Samstag, dem 13. September 2014 von der Feldereralpe nach Obermieming war eine beeindruckend starke Hirtenleistung. Pia und Norbert Kluckner werden sich nach 25 Jahren von der Hochfeldern Alm verabschieden.

Das forderte auch dem Gastredner, Bürgermeister Franz Dengg Respekt ab: “In anderen Tiroler Ortschaften wird mit abgesagten Almabtrieben Politik gemacht. Davon habt ihr Euch nicht beeinflussen lassen und seid, der Tradition folgend, geschlossen aufgetreten. Habt damit Werbung für den Bauernstand gemacht.” Applaus.

Die Hirten trieben noch am Vorabend das Vieh auf den Sammelplatz der Hochfeldern Alm. Dem Ausgangspunkt eines über 30 Kilometer langen Almabtriebs. Am frühen Samstagmorgen machte sich der große Viehtrieb hoch über den Wolken auf den Weg.

Das Ziel „Obermieming“ erreichte der Almabtrieb am Nachmittag gegen 15 Uhr. Von der Leutasch, über Buchen, Telfs, Gerhardhof in Wildermieming, bis zum Rastplatz bei der „Traube“ in Affenhausen. Hier gibt es reichlich Futter. Eine Stunde muss ausreichen, damit alle einen guten Eindruck bei ihrer Ankunft in Mieming/Obermieming machen. Am Gasthof zur Post gehts zum Vorberg. Viele gehen mit, schließen sich dem Viehzug wie einer Prozession an.

Einem Vieh wird die Ehre zuteil, „aufgeprostert“ zu werden. Den Kopfschmuck mit der „25“ zu tragen. Da müssen schon zwei starke Männer ans Werk gehen, um die Kuh zu schmücken. Die empfindet das nämlich überhaupt nicht als „Ehre“, fühlt sich eher belästigt. Ihre Schwestern schauen aus sicherem Abstand dem Vorgang zu. Glück gehabt, scheinen sie zu denken.

Weil Anfang Juni auf dem Obermieminger Vorberg ein Kalb ums Leben kam, verzichteten die Bauern darauf, ihre Tiere heraus zu putzen. Das ist guter Brauch. Das war immer schon so.

“Wir kommen jedes Jahr im September nach Mieming, um dabei sein zu können”, kommentierten Stammgäste aus Holland. “Weil das hier noch auf traditionelle Weise durchgeführt wird”, ergänzte eine Familie aus Hessen. “Wir haben beim Mieminger Almabtrieb nicht das Gefühl, Zaungäste einer touristisch motivierten Unterhaltungsshow zu sein”. Solche Stimmen waren vielfach zu hören. An allen Tischen war von einer respektablen Leistung des Mieminger Bauernstandes die Rede. In Mieming darf man zurecht ein wenig stolz auf die breite Anerkennung sein.

Bei der Ehrung der Hirtenfamilie Norbert Kluckner, für ein Vierteljahrhundert erfolgreiche Hirtenarbeit auf der Hochfeldern Alm, wurde nach jedem Satz zustimmend applaudiert. Die Bilder von Michael Sonnweber und Barbara Spielmann müssen gar nicht kommentiert werden. Sie sprechen für sich. “Wir bedanken uns auch und gang besonders bei unserer Feuerwehr”, so Klaus Scharmer, “ohne die ein solch aufwändiger Almabtrieb nicht durchführbar wäre. Die Mieminger Feuerwehrleute sperrten Straßen ab, informierten die Anwohner in Telfs über das Ereignis und sorgten einmal mehr dafür, dass dieses schwierige Unternehmen  durchgeführt werden konnte, ohne dass jemand einen  Schaden zu beklagen hätte.

Für das Vieh und die Hirten war der Weg nicht ungefährlich. “Da gibt es viele Gelegenheiten abzustürzen”, sagte Norbert Kluckner. Ihm und seiner Familie wurde an diesem Tag aber auch emotional etwas abverlangt. Immer und immer wieder senkten die Kluckners ihre Köpfe, um die Tränen der Rührung zu verbergen. Norbert Kluckner und seine Familie stehen nicht gerne im Rampenlicht. Am wohlsten fühlen sie sich hoch droben bei ihrem Vieh. “Wir bleiben noch bis Mitte Oktober”, sagt Pia Kluckner. “Falls das Wetter das zulässt”. Bei dem Dauerregen der letzten Wochen trauten sich nur die ganz Harten auf die Alm. “Wir kommen Euch besuchen”, kündigten viele Gäste an.

Pia Kluckner ist die geborene Chef-Diplomatin der Familie. Sie lächelt, lacht – ganz staatsfraulich. Sympathisch. Pia schüttelt Hände, nimmt Gratulationen entgegen. So als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan.

Auch oder gerade, wenn es regnet. Alle Gratulanten der MiemingerAlmen erweisen Pia und Norbert Kluckner mit ihrer Familie die Ehre. Sie gratulieren und zollen viel Lob und ebenso viel Applaus.

“25 Jahre Hirte auf Hochfeldern”, aber dem Beruf seit vierzig Jahren verbunden. “Manchmal denkst Du, das war jetzt das letzte Jahr”, erzählt Norbert Kluckner am Abend, beim traditionellen Hirtenessen im „Gasthof zur Post“. “Die Verantwortung für das Vieh lastet schwer auf einem. Aber wenn Du dann mal eine paar Nächte darüber geschlafen hast, magst Du Dir im Grunde gar nichts anderes vorstellen”. Sagt einer, der in das „Gesicht“ einer Kuh schaut und weiß, wie sie heißt und wo sie zuhause ist.

Gefreut haben sich die Kluckners und die Obermieminger Bauern über “unsere Kollegen und deren Familien aus den anderen Ortsteilen unserer Gemeinde, die es sich nehmen lassen, an unserer Seite zu sein”. Die Althirten, die Almobleute der Nachbar-Almen.

„Wie eine Großfamilie, in der Loyalität groß geschrieben wird. Das ist eine Solidaritätsleistung, die Du in schweren Zeiten nicht hoch genug einschätzen kannst”, sagt Klaus Scharmer im Gespräch mit Mieming-Online. Nach dem langen Tag haben wir ihn am späten Nachmittag auf seinen Weg in den Stall begleitet. “Es ist Zeit, unsere Kühe daheim im Stall zu melken”. Das sagt er aber keinesfalls klagend. Im Gegenteil. Seine Augen strahlten als er im Stall war. So, als hätte sich der Klaus den ganzen Tag darauf gefreut. Bei seinen Tieren daheim sein zu dürfen.

Der Welt scheinbar entrückt. Mit dem eigenen Leben zufrieden. Es ist schon etwas Besonderes, solchen Menschen zu begegnen. Nicht nur an Tagen wie diesem.

Quelle: MiemingerAlmen

Video: Andreas und Anni Fischer / Fotos: Michael Sonnweber / Knut Kuckel

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Knut Kuckel

Ich engagiere mich für Medienvielfalt und Qualität im Journalismus. In meinen Blogs schreibe ich u.a. auch über Begegnungen und persönliche Erlebnisse.

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